"Eliso" von Aleksandre Kasbegi, Aachen 2014, 127 S.

Übersetzung aus dem Georgischen von Steffi Chotiwari-Jünger, Maja Lisowski und Nino Stoica

Rezensentin:  Karin Krieser                                      

Datum: 10.12.2014

Das Buch „Eliso“ Band 2 der Kaukasien-Kaukasus-Bibliothek von  Aleksandre Kasbegi ist eine Sammlung von 3 Erzählungen.

Erzählt wird von Verrat, Trauer und Tod. Aber auch von der Schönheit der Natur, von der Liebe und der Treue, auch über den Tod hinaus. Und nicht zuletzt erfährt der Leser, wie die Menschen in ihren Traditionen im damaligen Georgien gelebt haben, wie sie in ihnen verhaftet und  geborgen waren.

Kasbegi lag es am Herzen, dem Leser Georgien, seine Traditionen, seine Menschen und die Schönheiten des Landes näher zu bringen.

So handelt die erste Geschichte von der Liebe zweier Menschen. Diese Liebe wird durch den Verrat eines anderen Mannes zerstört. Ein Verrat, der nicht ungesühnt bleiben wird.    Ein Verrat, der das Leben mehrere Menschen zerstören wird. Und eine alte Mutter zurück lässt.

Die zweite Geschichte führt uns in die Welt der Tschetschenen. Und wieder geht es um die Liebe zweier Menschen. Liebende, die nicht zueinander finden dürfen, weil Religionen und Traditionen es nicht gestatten. Zusätzlich entsteht noch ein Konflikt zwischen Vater und Tochter. Der Vater, der alle Söhne im Kampf verlor, will nicht auch noch seine Tochter verlieren. Die Tochter soll sich zwischen Familientraditionen und Liebe entscheiden. In dieser Auseinandersetzung der drei Hauptpersonen zeigt sich die wahre Größe ihrer Liebe. Die Tochter will verzichten, der Vater gibt sie dem Geliebten, und dieser will alle retten. Auch diese Liebe scheitert an den Umständen der damaligen Zeit, am Unvermögen über die eigenen Grenzen hinwegzudenken, Menschlichkeit zu zeigen und Vernunft walten zu lassen.

Die  dritte Geschichte schließlich folgt den ersten beiden. Aber sie ist intensiver, leidvoller und führt noch tiefer in die Traditionen des georgischen Volkes hinein.

Wieder geht es um die Liebe, wieder steht ein Mädchen zwischen zwei Männern.

Aber es gibt keinen Kampf um sie. Kampf gibt es gegen Eindringlinge, gegen Eroberer und das eigene Gewissen. Und in diesem Kampf macht die Liebe den einen zu einem angeblichen Verräter und den anderen zum angeblichen Helden.

Beide wissen von ihrer Schuld und Unschuld. Beide haben die Kraft und den Mut,  dieses einzugestehen. Für beide und viele andere bedeutet dieses Schuld, Trauer und Tod.

„Eliso“ ist auf Grund der politischen und geografischen Hintergründe  kein leicht zu lesendes und verstehendes Buch. Man muss es sehr aufmerksam lesen, um das Handeln der gezeigten Menschen  zu verstehen, eventuell zu akzeptieren und nachvollziehen zu können. Aber es sind schöne und spannende Geschichten. Die poetische Sprache, die wundervollen Schilderungen der Natur lassen uns die Welt Georgiens vor den Augen auferstehen. Und mit sehr einfühlsamen Worten liebt und leidet man mit den Hauptgestalten. Wenn man es gelesen hat, versteht man die Lebensweise, die Empfindungen dieser Zeit und dieses Volkes. Parallelen zu den heutigen Konflikten dieser Region kann man leicht erkennen. Man darf sich aber auch einfach nur an den Worten erfreuen und die Spannung genießen. Auf jeden Fall bleibt man nachdenklich zurück.